schlaflos

Ich liege mit der Jüngsten in ihrem Bett. Ich nehme sie fest in meine Arme, drücke sie an mich, rieche an ihrem Kopf, ihren Haaren und streichle ihren Unterarm. Das mag sie so. Dann schläft sie schnell ein. Während ihr Atem immer ruhiger wird und sie langsam in den Schlaf hinübergleitet, schiessen mir die Tränen in die Augen. Ich frage mich, wie eine Mutter eiskalt und grausam sein kann. Dass man einem Kind sagt, es sei nichts wert, aus ihm würde nichts werden. Dass sie einen bestraft für die Liebe an den Papa. Ich verstehe es immer noch nicht. Es macht mich traurig und wütend.

Es sei ein Glück für meine Kinder, dass ich es irgendwie doch schaffe aus all dem Scheiss, den ich erleben musste, rauszufinden und für meine Kinder einen besseren Weg einzuschlagen. Das meinte meine Therapeutin vor acht Jahren zu mir.

Das ist auch mein Antrieb, aber auch ein schwerer Balance-Akt für mich, weil ich nicht wie meine Mutter reagieren möchte. Oft sehe ich Situationen mit meinen Kindern parallel im Kopf so, wie ich sie als Kind erlebt habe. Wie meine Mutter jeweils ausgetickt ist. Ich spüre dann, was sich mein kleines Ich damals gern als Reaktion gewünscht hätte. Keine Ohrfeigen, keine stundenlangen Predigten voller Hass erfüllter Worte, Demütigungen und Beleidigungen.

Schon allein der Mutterinstinkt sagt einem, dass das anders geht. Es verletzt keines meiner Kinder und heilt gleichzeitig mein inneres Kind. Es ist irgendwie komisch, aber auf eine Art und Weise helfen mir meine Kinder mich selbst zu heilen.

Ich schaue bei den Jungs nochmals ins Zimmer rein. Das mache ich jeden Abend. Kommst du nachher nochmal zu uns? – so die Frage der beiden, wenn sie mir eine gute Nacht wünschen… Und das mache ich. Abend für Abend. Oft besprechen wir noch kurz ein paar Ereignisse vom Tag.

Ich habe keines jemals der Kinder ins Bett geschickt, weil sie irgendeinen Scheiss gebaut hatten. Ich dagegen wurde oft noch vor dem Znacht ins Zimmer geschickt, zum Nachdenken. Obwohl ich oft gar nicht verstanden hatte, worum es eigentlich ging und worüber ich mir den Kopf zergrübeln sollte. Vorher gab es eine lange Standpauke und ab und an eine Ohrfeige. Die Schläge sind vergessen, aber die Worte hallen immer noch nach und haben ihre Spuren hinterlassen.

Ich wurde abgeschoben, aus den Augen, aus dem Sinn. Oft lag ich weinend im Bett, verstand die Welt nicht und sehnte mich einfach nur nach Liebe und Geborgenheit. Das schlimmste Gefühl, was eine Mutter bei einem Kind auslösen kann…


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